2. November

Durch das Treffen im Kieler Gewerkschaftshaus kommen die Matrosen in Kontakt mit Kieler Arbeitern. Am Sonnabend, dem 2. November treffen sich über 500 Personen (vor allem Matrosen aber auch Mitglieder von SPD und USPD) am Kieler Gewerkschaftshaus.
Auch die Marinestation erfährt von der geplanten Versammlung und riegelt den Zugang zum Gewerkschaftshaus ab. Ab dem Morgen ist schon ein Patrouillendienst des I. Ersatz-See-Bataillons in der Stadt eingerichtet. Es kommt vor dem Kieler Gewerkschaftshaus zu ersten Befehlsverweigerungen, als Soldaten des Ersatz-See-Batailons Versammlungsteilnehmer festnehmen sollen. Der Befehl des Militärpolizeimeisters wird einfach ignoriert. Die Matrosen versuchen einen anderen Veranstaltungsort zu finden. Aber auch das Lokal „Harmonie“ in der Faulstraße der Kieler Altstadt hält seine Türen geschlossen.
Letztlich weichen die Menschen auf den großen Exerzierplatz im Vieburger Gehölz aus, immerhin ein Fußmarsch von über einer halben Stunde. Unbehelligt gelangen die 500 bis 600 Personen zum Versammlungsort. Unter freiem Himmel wird über die Stimmung auf den Schiffen beraten. Einer der Hauptredner ist Karl Artelt, Mitglied der USP und Arbeiter bei den Torpedowerkstätten in Kiel-Friedrichsort. Artelt ist der einzige Redner an diesem Abend (die Versammlung beginnt um 19.30 Uhr), der politische Forderungen wie die Niederkämpfung des Militarismus und die Beseitigung der herrschenden Klassen anspricht. Die Versammelten verständigen sich, am kommenden Tag, einem Sonntag, um 17 Uhr eine Kundgebung am gleichen Ort abzuhalten. Bis dahin solle auch versucht werden, die Arbeiter auf den Kieler Werften von der Lage zu informieren.

Noch in der Nacht auf den dritten November setzen sich Karl Artelt und Lothar Popp, ein Vertrauensmann der USPD, im Parteibüro in der Preußerstraße zusammen und hektographieren Flugblätter mit dem Appell: „Kameraden, schießt nicht auf eure Brüder! Arbeiter demonstriert in Massen, laßt die Soldaten nicht im Stich!" Auf einer noch am Abend stattfindenden Versammlung der Führungsspitze der Marinestation wird die Lage völlig unterschätzt. Da der Gouverneur Souchon nicht anwesend ist, wird sich auf den nächsten Morgen vertagt.