26. September 2024 Diskussion/Vortrag Von Warschau nach Sylt

Die brutale Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 und die exemplarische Nachkriegskarriere des Kriegsverbrechers Heinz Reinefarth.

Information

Veranstaltungsort

Das Akti - Aktivitætshuset
Norderstr. 49
24939 Flensburg

Zeit

26.09.2024, 19:30 - 22:30 Uhr

Themenbereiche

Erinnerungspolitik / Antifaschismus

Zugeordnete Dateien

Am 2. Oktober 1944, vor 80 Jahren, endete der Warschauer Aufstand gegen die Nazi-Besatzer mit der Kapitulation der polnischen Aufständischen. Schätzungsweise 200.000 Menschen fielen der deutschen „Aufstandsbekämpfung“ zum Opfer, rund 90% von ihnen Zivilist:innen. Selbst für NS-Verhältnisse war die Brutalität sehr groß, wofür etwa die Zerstörung eines ganzen Stadtteils, Wola, und seiner Menschen steht.
Der Warschauer Aufstand ist in Deutschland trotz der Opferzahlen und der nazideutschen Brutalität vergleichsweise wenig bekannt und wird zudem zuweilen mit dem Warschauer Ghettoaufstand 1943 verwechselt. Für Polen hingehen ist der Aufstand bis heute eine zentrale erinnerungspolitische Bezugsgröße und gleichzeitig auch ein Gegenstand von Kontroversen.   

Einer der Haupttäter bei der Niederschlagung des Aufstandes und vor allem den  Verbrechen  in Wola und anderen Stadtteilen war der SS- und Polizei-General Heinz Reinefarth, der „Schlächter von Warschau“. Abgesehen von einer dreijährigen amerikanischen Kriegsgefangenschaft bis 1948 verbrachte Reinefarth den Rest seines Lebens bis 1979 nicht nur in Freiheit, er verfolgte eine erfolgreiche politische Karriere in Schleswig-Holstein als Landtagsabgeordneter und als Bürgermeister von Westerland auf Sylt.

Wir wollen in den beiden Veranstaltungen in Kiel und Flensburg am 25. und 26. September 2024 an den Warschauer Aufstand erinnern, seine Bedeutung für die Gegenwart aufzeigen und uns mit den Umständen beschäftigen, die es Reinefarth und anderen NS-Verbrechern (nicht nur) in Schleswig-Holstein erlaubte, ein Leben in Freiheit und sogar in politischen Funktionen zu führen.

Die Karriere Heinz Reinefarths nach 1945 ist eingebettet in die besondere Entwicklung Schleswig-Holsteins. 1945 residierte in Flensburg die letzte Regierung des NS-Staates. Zahlreiche hohe SS-Angehörige tauchten von hier aus unter oder boten der britischen Besatzungsmacht ihre Dienste an und gelangten bald in führende Positionen der Nachkriegsgesellschaft. Zudem entwickelte sich in den 1950er Jahren ein Klima, in dem reuelose NS-Verbrecher als ehrbare Glieder der Gesellschaft angesehen werden konnten.              


Kiel, 25.09.24, 19 Uhr, Pumpe (Galerie), Haßstr. 22, 24103 Kiel
Flensburg, 26.09.24, 19.30 Uhr, Das Akti!  Aktivitætshuset, Norderstr. 49, 24939 Flensburg

Unsere Referenten:

Holger Politt war von 2002 bis Juni 2024 Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, u. a. als langjähriger Leiter des Stiftungsbüros in Warschau. Regelmäßig Publikationen zu aktuellen Entwicklungen in Polen. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist das polnische Werk Rosa Luxemburgs.
Zuletzt gemeinsam mit dem polnischen Publizisten Krzysztof Pilawski bei VSA Hamburg (2022): Ein Krieg, der keiner sein sollte. Russlands Überfall auf die Ukraine aus Sicht unmittelbarer Nachbarn. 
https://www.rosalux.de/news/id/52359/zum-80-jahrestag-des-warschauer-aufstands


Stephan Linck studierte Geschichte, Politik-, Literatur- und Archivwissenschaft in Kiel und Potsdam. Er ist Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit an der Evangelischen Akademie der Nordkirche. Zum Thema erschien von ihm u.a.:

Zum Thema erschien von ihm u.a.: Der Ordnung verpflichtet: Deutsche Polizei 1933-1949. Der Fall Flensburg, Paderborn 2000, Fahndung nach Kriegsverbrechern. Die Field Security Section (FSS) in Schleswig, in: ISHZ 33/34 https://www.akens.org/akens/texte/info/33/Kriegsverbrechen_Linck_33-34.pdf , „Rattenlinie Nord“. Kriegsverbrecher in Flensburg und Umgebung im Mai 1945, in: Paul/Schwensen (Hg.), Kriegsende in Flensburg.


zum Fall Reinefarth siehe auch:

https://www.deutsche-biographie.de/128604689.html#dbocontent

Heinz Reinefarth: Vom "Henker von Warschau" zum Bürgermeister auf Sylt - [GEO]

Zur Flucht von Nazis gegen Ende des Krieges nach Schleswig-Holstein siehe auch:
Rattenlinie Nord – Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (geschichte-s-h.de)

Die Veranstaltungen werden moderiert von Dr. Florian Weis. Er ist Historiker und seit 1999 in verschiedenen Funktionen in der Rosa-Luxemburg-Stiftung tätig, u.a. als Co-Herausgeber einer kleinen Reihe „Jüdinnen und Juden in der internationalen Linken“ (Band 4: https://www.rosalux.de/publikation/id/52421/zog-nit-keyn-mol-az-du-geyst-dem-letstn-veg-mir-zaynen-do)
 


 

Standort

Kontakt

Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein

Telefon: (0431) 2607043