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Diskussion zu Alternativen in der Bildungspolitik. In Schleswig-Holstein ist die bildungspolitische Landschaft in Bewegung gekommen

In Schleswig-Holstein ist die bildungspolitische Landschaft in Bewegung gekommen. Das überholte ständische dreigliedrige Schulsystem ist zwar am Ende, gleichwohl ist der Kompromiss in der sogenannten Großen Koalition auf Landesebene (das Nebeneinander von „Regionalschulen“ Gemeinschaftsschulen“ und „Gymnasien“) keineswegs befriedigend. Ein Blick nach Norden könnte helfen, die Phantasielosigkeit hiesiger BildungspolitikerInnen zu heilen. Vor allem die erfolgreichen skandinavischen Gemeinschaftsschulen bieten Alternativen gemeinsamen Lernens von der Vorschule (mit einer flexiblen Schuleingangsphase) bis zur zehnten Klasse.
Der damit verbundene Paradigmenwechsel  des Lehr- und Lernverständnisses lässt sich am besten als einen Wechsel von einer Lernzielorientierung zur Kompetenzorientierung beschreiben. Angebote des individuellen Lernens, des Projektlernens und des Lernens in heterogenen Gruppen sind mit einem anderen Bewertungssystem als das der Zensierung, also der Fachleistungsdifferenzierung, verbunden. An deren Stelle tritt eine gemeinsame Reflexion von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schüler über individuelle Zielvorgaben, die sich nicht primär an Wissenserwerb sondern Kompetenzerwerb orientieren. Als Kontrolle dienen Logbücher, in denen Zielvorgaben, Auswertungen und Gespräche festgehalten werden. Wenngleich es sich hierbei um die zentralen Begriffe einer heterogenen Lernlandschaft handelt, bedarf es deren Ausgestaltung, um ein lebendiges Verständnis der komplexen Materie zu erlangen. Davon ist in Schleswig-Holstein bisher leider kaum die Rede. Pilotprojekte gibt es bisher nur in Hamburg. Dort hat sich die Gesamtschule Winterhude bereits auf den Weg gemacht und ihre Schule entsprechend den neuen Paradigmen umgestaltet Auch im Land Berlin wird die entsprechende Umgestaltung der Schullandschaft diskutiert. Die werkstatt utopie & gedächtnis e.V., Kooperationspartnerin der Rosa-Luxemburg Stiftung (RLS), bietet im Rahmen eines Vortrags mit anschließender Diskussion die Möglichkeit, sich mit den neuen Lehr- und Lernformen vertraut zu machen. Die Referentin Lena Tietgen ist freie Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und Journalistin arbeitet z.Zt. u.a. an einer Studie zur Gemeinschaftsschule im Auftrag der RLS. Sie hat bisher mehrmals zum Thema im ND veröffentlicht.